Will man mit dem Motocross fahren anfangen, stellt sich meistens im Vorfeld immer die gleiche Frage: Kaufe ich mir eine 2-Takt oder 4-Takt Motocross? Die Frage ist auch mehr als berechtigt, denn unterschiedlicher können die Bikes mit den zwei von Grund auf verschiedenen Motorvarianten auch kaum sein.
In erster Linie unterscheiden sich die MX-Bikes in Anschaffungs- & Wartungskosten, Fahrcharakteristik, Leistungsentfaltung, Gewicht und Fahrspaß, weshalb man sich am besten im Vorfeld darüber einig wird, welche Kriterien für einen selbst wichtig sind.
Aber zunächst eine kurze Erklärung zur historischen Entwicklung und der Funktionsweise beider Motorvarianten:
Die Historische Entwicklung von 2-Takt und 4-Takt – Dirtbikes
Beinahe bis zur Jahrtausendwende dominierten Zweitakt-Motorräder die Motocross- und Supercross-Klassen aufgrund ihrer brachialen Leistung und des geringen Gewichts. Das war aber auch die Zeit, in der die schweren und sanftmütigeren Viertakter beim Enduro und Trial die Nase vorne hatten.
Als jedoch 1997 Doug Henry mit der neu vorgestellten Yamaha YZ400F das letzte Supercross des Jahres in Las Vegas gewann, hat sich das Blatt plötzlich und sehr schnell gewendet.
Mit den neuen, verbesserten Viertaktern wurde es für viele Fahrer deutlich einfacher den MX-Track zu bewältigen, was vor allem an der homogeneren und sanfteren Leistungsentfaltung lag. Zudem stand das maximale Drehmoment in deutlich niedrigeren Drehzahlbereichen zur Verfügung. So wurden MX-Bikes deutlich fahrbarer.
Dies gefiel vielen Fahrern, aber bei weitem nicht allen. Viele MX-Fahrer liebten den Nervenkitzel auf einer 500ccm Zweitakter, den Motorsound und die explosionsartige Leistungsentfaltung, die zu einem wahren Adrenalinrausch führte, die auch nur solch eine Zweitakter-Maschine herbeiführen konnte.
Leider wurden die 2-Takter dann plötzlich unbeliebter. Es wird vermutet dass zu der Zeit die AMA unter dem Einfluss großer und finanzstarker Firmen wie Honda einknickte und sich die Vorgaben und Spezifikation der damaligen MX-Bikes bei Meisterschaftsrennen diktierten ließ.
Zudem gesellten ich auch Lobbyisten und politische Regierungsparteien, die den Umweltschutz vorschoben, um die Zweitakter von der Bildfläche verschwinden zu lassen.
Diese beiden Aspekte führten beinah dazu, das Zweitakter kurz vor dem aus standen und drohten vom Markt zu verschwinden, da die vier großen Dirtbike-Hersteller Honda, Yamaha, Kawasaki und Suzuki kein Geld mehr in die Weiterentwicklung investierten und bis auf Yamaha, die Zweitakter-Produktion komplett einstellten.
Aber glücklicherweise kamen den 2-Takt-Fans die europäischen Dirtbike-Hersteller zu Hilfe, investierten hohe Summen in die Weiter- und Neuentwicklung der sogenannten „Smoker“ und feiern damit bis heute große Erfolge.
Seit 2022 sind es sogar wieder eine ganze Menge an Herstellern, die den Zweitakt-Sektor wieder für sich entdeckt haben. Dazu zählen aktuell Beta, GasGas, Husqvarna, KTM, Cobra, Rieju, GPX, Kawasaki, TM, Sherco, Suzuki und Yamaha.
Wie funktioniert ein 2-Takt-Motor?

Zweitaktmotoren sind recht einfach konzipierte Motoren. Sie sind so aufgebaut, dass sie einen Motorzyklus durch je eine Auf- und Abbewegung des Kolbens abschließen, bevor sich diese Prozesse wiederholen. Dabei dreht sich die Kurbelwelle genau ein Mal pro Zyklus.
1. Takt (Verdichten und Ansaugen)
Der Kolben bewegt sich im Zylinder nach oben und verdichtet dabei das Benzin-Luftgemisch am Zylinderkopf.
Gleichzeitig entsteht durch die Aufwärtsbewegung des Kolbens im Kurbelgehäuse ein Unterdruck, wodurch frisches Benzin-Luftgemisch aus dem Vergaser angesaugt wird.
2. Takt (Arbeiten und Auspuffen/Vorverdichten)
Hat der Kolben den oberen Totpunkt erreicht und wurde das Benzin-Luftgemisch maximal verdichtet, wird es über die Zündkerze gezündet. Auf diese Weise wird der Kolbenschlagartig nach unten gedrückt und die Arbeit an der Kurbelwelle verrichtet.
Durch die Abwärtsbewegung des Kolbens wird das Benzin-Luftgemisch im Kurbelgehäuse komprimiert und so über Überstromkanäle oberhalb des Kolbens in die Brennkammer des Zylinders geleitet. Dabei verdrängt das frische Gemisch die verbrannten Abgase und drückt es über den Auslasskanal in den Auspuff.
Wie funktioniert ein 4-Takt-Motor?

Viertaktmotoren sind deutlich aufwendiger und kompliziert konzipiert und bestehen aus 30-40% mehr Teilen. Hierbei sind für einen kompletten Motorzyklus je 2 Auf- und Abwärtsbewegungen des Kolbens nötig, wobei sich die Kurbelwelle zweimal drehen muss.
1. Takt (Ansaugen)
Beim ersten Takt steht der Kolben am oberen Totpunkt, das Auslassventil ist geschlossen und das Einlassventil geöffnet. Wenn sich der Kolben auf den Weg nach unten macht, wird das Benzin-Luftgemisch durch das Einlassventil in den Brennraum des Zylinders gesaugt.
Hat der Kolben den unteren Totpunkt erreicht, wird das Einlassventil geschlossen und der erste Takt ist beendet.
2. Takt (Verdichten)
Der Kolben bewegt sich wieder in Richtung oberer Totpunkt und komprimiert das angesaugte Benzin-Luftgemisch auf einen Bruchteil seines ursprünglichen Volumens.
Kurz vor dem oberen Totpunkt wird das Benzin-Luftgemisch mit Hilfe der Zündkerze im Zylinderkopf entzündet.
3. Takt (Arbeiten)
Der Kolben bewegt sich schlagartig wieder nach unten in Richtung unterem Totpunkt und das Auslassventil beginnt sich zu öffnen.
4. Takt (Ausstoßen)
Hat der Kolben den unteren Totpunkt passiert, werden die Abgase mit der folgenden Aufwärtsbewegung des Kolbens, über das Auslassventil aus dem Zylinder geschoben.
Was sind die entscheidenden Unterschiede zwischen 2-Takt- und 4-Takt-Motocross-Bikes?
Nachdem die Funktionsweise beider Motor-Varianten klar ist, geht es zu den entscheidenden Unterschieden der Motor-Konzepte, um dir die Entscheidung beim Kauf deines neuen oder gebrauchten Motocross-Bikes einfacher zu gestalten.
Leistung & Motorcharakteristik
2-Takt-Dirtbikes erzeugen rein technisch gesehen mehr Leistung pro Kubikzentimeter als es bei den 4-Taktern der Fall ist. Dies ist auch der Grund, weshalb bei Rennen 125er 2-Takter gegen 250er 4-Takter antreten und 250er 2-Takter gegen 450er 4-Takter in der gleichen Klasse konkurrieren.
Die Leistungskurve eines 4-Takters steigt normalerweise recht geradlinig bzw. linear an, da der Motor seine Leistung sehr gleichmäßig und konstant abgibt. Aufgrund dessen lässt sich ein 4-Takt-Bike immer sehr kontrolliert und berechenbar fahren.
Die Leistungskurve eines 2-Takters steigt zunächst an, bekommt etwa bei der Hälfte einen kleinen Leistungseinbruch (Leistungsloch) und steigt danach bis zur Enddrehzahl stark und sehr spitz an.
Das bedeutet, dass die maximale Leistung bei 2-Taktern nur in einem recht schmalen Drehzahlband innerhalb des Resonanzbereiches erreicht wird. Will man schnell unterwegs sein, muss man durch entsprechendes Schalten und dem spielen mit der Kupplung zusehen, sich immer in diesem Resonanzbereich aufzuhalten.
Ein wichtiger Aspekt, der häufig unerwähnt bleibt ist die Motorbremse. Der 4-Takt-Motor verfügt meist über eine recht starke Motorbremse. Das bedeutet wenn man vom Gas geht, beginnt das Motorrad schon von sich aus deutlich spürbar zu verzögern.
Beim 2-Takt-Motor ist eine Motorbremse so gut wie überhaupt nicht vorhanden. Wenn man das Gas wegnimmt, rollt das Motorrad im Grunde fast ungebremst weiter.
Um eine unliebsame Überraschung zu vermeiden, sollte dies vor allem bei einer Probefahrt beider Maschinen berücksichtigt werden, wenn man zuerst mit der 4-Takter begonnen hat und dann auf die 2-Takter steigt.
Fahrgefühl & Sound
Vom Fahrgefühl und Motorsound unterscheiden sich beide Motorkonzepte ganz gravierend. Ein 4-Takt-MX-Bike verhält sich kultivierter, geschmeidiger, vibrationsärmer und leiser als ein 2-Takt-Crosser.
Dadurch geht aber einiges an Fahrspaß und Nervenkitzel verloren, der beim 2-Takter aufgrund des kreischenden Motorsounds und der plötzlich eintretenden, brachialen Leistungsentfaltung im Resonanzbereich im Vordergrund steht.
Dadurch dass 4-Takter einen größeren Motor mit einer höheren Anzahl an verbauten Teilen aufweisen, sind diese im Vergleich zu 2-Taktern immer schwerer und somit behäbiger. Bei den aktuellen Modellen liegen 125er 2-Takter bei unter 90kg und 4-Takter meist zwischen 110-120kg. Dieser Gewichtsunterschied ist in punkto Fahrgefühl ein Unterschied wie Tag und Nacht und sollte vor allem bei kleineren und leichteren Fahrern berücksichtigt werden.
Aber auch schwerere Fahrer kommen beim 2-Takter auf ihre Kosten. Ich persönliche bin mit etwa 90kg erst lange 4-Takter gefahren und will nun meine 150er 2-Takter für nichts auf der Welt hergeben. Das Bike ist viel agiler und spritziger und macht einfach einen Heidenspaß, sodass meine 250er 4-Takt seit vielen Monaten nur noch in der Garage steht.
Anschaffungskosten & Werterhalt
Nicht uninteressant sind auch die Anschaffungskosten und der Werterhalt bzw. die Wertstabilität deines zukünftigen MX-Bikes. 4-Takt-Dirtbikes gibt es wie Sand am Meer und die absolute Mehrheit aller MX-Fahrer fährt ein 4-Takt-Bike.
Aufgrund dessen ist das Angebot für Neu- und Gebrauchtfahrzeuge dementsprechend groß. Somit wird auch schnell klar, dass 4-Takt-Dirtbikes günstiger in der Anschaffung sind und sich auch schlechter bzw. kostengünstiger verkaufen lassen.
2-Takter sind aktuell als Neu- und Gebrauchtfahrzeug recht rar gesät. Das Angebot beim Händler ist je nach Modell extrem knapp und auch der Gebrauchtmotorradmarkt gibt oft nur eine Handvoll brauchbarer Bikes her. Dies führt häufig dazu, dass die Anschaffung eines vernünftigen und gut gepflegten 2-Takters entsprechend höher ausfällt, dafür hält sich der Wiederverkaufspreis sehr stabil und entsprechend weit oben.
Wartung & Reparaturen
Auch das Thema Wartung könnte ausschlaggebend für die Entscheidung deines kommenden Dirtbikes sein. 4-Takt-Motoren bestehen aus deutlich mehr Teilen als der Motor eines 2-Takters. Dies führt in der Regel dazu, dass im Falle einer Wartung auch mehr bewegliche Teile erneuert werden müssen, was immer zu Mehrkosten führt.
Zudem ist der Motor deutlich komplexer Aufgebaut, was in der Regel dazu führt, dass man selbst größere Wartungsarbeiten nicht unbedingt selbst durchführen kann und auf eine Werkstatt angewiesen ist. Auch dies führt zu Mehrkosten.
Da man sich allerdings im 4-Taktbereich meist in niedrigeren Drehzahlbereichen als beim 2-Takter bewegt, kommen Reparatur- und Wartungsarbeiten meist in größeren Intervallen daher.
Beim Zweitakter hingegen bewegt man sich in der Regel immer im Grenzbereich, wenn es um die Motordrehzahl geht. Dies führt automatisch zu einem höheren Verschleiß aller Motorkomponenten und somit zu kürzeren Wartungsintervallen.
Dafür sind weniger Teile involviert, weshalb eine Wartung bzw. ein Austausch der Teile meist recht günstig ausfällt. Zudem ist der Motor im Vergleich sehr simpel aufgebaut, sodass Fahrer die nicht unbedingt zwei linke Hände haben, problemlos diverse Wartungsarbeiten selbst durchführen können.
Die Vor- und Nachteile eines 2-Takt-Dirtbikes
Pro:
- Hoher Spaßfaktor
- Niedriges Gewicht
- Handlicher und agiler
- Motorsound unvergleichbar
- Günstige Wartung
- Wartung und Reparaturen meist selbst durchführbar
- Stabiler Wiederverkaufswert
Kontra:
- Weniger Drehmoment steht zur Verfügung
- Volle Leistung nur im oberen Drehzahlbereich
- Häufigeres Schalten ist nötig
- Kürzere Wartungsintervalle
- Benötigt 2-Takt-Gemisch, welches durch den zusätzlichen Öl-Anteil teurer ist
- Höherer Verbrauch aufgrund dauerhaft hoher Drehzahlen
Die Vor- und Nachteile eines 4-Takt-Dirtbikes
Pro:
- Hohes Drehmoment über das gesamte Drehzahlband
- Weniger Schalten notwendig
- Einfacher zu fahren
- Bessere Ausgangsleistung
- Weniger Wartung nötig
- Benötigt einfaches Benzin ohne Zusätze
Kontra:
- Man wird schaltfaul
- Hohes Gewicht sorgt für unhandliches Gefühl
- Wartungen sind umfangreicher und somit teurer
- Wartung und Reparaturen meist nur von Werkstatt durchführbar
- Wiederverkaufspreise fallen meist niedriger aus als beim 2-Takter
Fazit
Wie so häufig im Leben haben auch diese zwei Motor- bzw. Fahrzeugkonzepte ihre Vor- und Nachteile. Wenn man nicht die Möglichkeit hat sich beide Varianten in die Garage zu stellen, sollte man in jedem Fall im Vorfeld zusehen, dass man bei Freunden oder Bekannten einmal die Möglichkeit bekommt, 2- und 4-Takter Probe zu fahren.
Denn die Theorie ist das Eine, der Popo-Meter aber das Andere. Sitzt man einmal im direkten Vergleich auf beiden Motorradkonzepten, merkt man recht schnell, was einem persönlich besser liegt und gefällt und kann so Fehlkäufe vermeiden.
Ich persönlich habe das Glück auf beide Varianten zurückgreifen zu können, muss aber sagen, dass ich immer die 2-Takter der 4-Takter vorziehen würde. Der Spaßfaktor als reiner Hobbyfahrer ist einfach nicht zu toppen.
Will man hingegen Rennen fahren und auch gewinnen, kann ich mir vorstellen, dass man mit dem 2-Takter doch immer etwas benachteiligt ist und mit einem 4-Takter die etwas besseren Karten hat.